Niederbreitbach und die Neuerburg

Das Wahrzeichen einer gesamten Region


Im sogenannten Breitbacherland war es wirtschaftlich nie zum Besten bestellt. Man lebte überwiegend von der Landwirtschaft, die bis zum 17. Jahrhundert das hiesige Leben bestimmte. Die Dreifelderwirtschaft ernährte die Bevölkerung aber auch dem Weinbau, der auf den Hügeln oberhalb der Kapelle in Richtung Ackerhof vollzogen wurde, kam zu dieser Zeit eine gewisse Bedeutung zu. Dass der Thüringer Landgraf Ludwig II. sich gerade das romantische Fockenbachtal 1160 zum Burgenbau auswählte, ist seinem großen Geltungsdrang zu verdanken. Durch den Bau der Neuerburg hat er uns eine historisch bemerkenswerte Burgen-Architektur hinterlassen.

Neuerburg_0042a

Neuerbug AUG 04 045

Neuerburg SEP 04 053

Fotos: Frau R. Weiler

DIE NEUERBURG
(ein Beitrag mit freundlicher Unterstützung
von Frau Roswitha Weiler)


Landgraf Ludwig II von Thüringen (1140-1172), ein innovativer Burgenbauer, der seine Macht und Präsenz im Rheinland zeigen wollte, erbaute zwischen 1160 und 1180 die Neuerburg als eine Art Prototyp einer staufischen Burg. Ohne auf das schwierige und steile Gelände mit großen Höhenunterschieden Rücksicht zu nehmen, plante er die Burg mit einem für die damalige Zeit ungewöhnlich regelmäßigem Grundriss. Der Kern besteht aus einem leicht verschobenen Rechteck, dem zur Angriffsseite hin eine Spitze vorgelagert ist. Der frei hinter der Ringmauer stehende fünfeckige Wohnturm weist mit seiner fünften Ecke ebenfalls zur einzigen für einen Angriff geeigneten Seite, die mit einer künstlich angelegten Steilwand und einem Halsgraben gesichert wurde.

Diagonal gegenüber befindet sich innerhalb der Ringmauern im Südosten der Pallas und im Nordwesten die Kapelle. Die etwa 9,5 x 9,5 m große Kapelle mit halbrunder Apis und ehemals durch Säulen und Doppelsäulen getragenem Gewölbe ist durch eine kleine, zum Teil in den Fels gehauene Sakristei mit einem Gang verbunden, der durch die Ringmauer in die nach Norden gelegenen Wohnhäuser führte.

Der Pallas ist ein von Ludwig II in dieser Form zum ersten Mal auf der Wartburg verwirklichtes Wohngebäude. Er war zweistöckig, etwa 20 x 10,5 m groß. Im unteren Geschoss gab es drei Räume mit jeweils einem Fenster. Das obere Geschoss enthielt einen großen Saal zu Repräsentationszwecken mit wahrscheinlich vier Fenstern und ebenfalls einem Kamin. Die um 1920 noch stehenden Reste der Pfeiler und Fensterbögen wurden von den vom Rhein kommenden Amerikanern 1945 völlig zerbombt, ebenso wie große Teile der Ringmauer und des Turms. Am  Wohnturm sind die zurzeit ältesten nachweisbaren bleivergossenen Eisenklammern des mittelalterlichen Deutschlands zu sehen, die die präzise gearbeiteten Trachytquader des Sockels verbinden. Der Turm ist 15 m hoch. Er hat vier balkengedeckte Geschosse, das fünfte ist nur teilweise erhalten. Im 2. Obergeschoss befindet sich der Hauptturm mit dem ursprünglichen Eingang, einem Kamin und einer Abortanlage. Von hier führt eine Steintreppe durch die über 2 m dicke Mauer in den oberen Wohnraum. Heute ist die Turmkrone mit einer umlaufenden begehbaren Brüstung und einem nach innen geneigten Flachdach versehen. In der unteren Burg und in der Vorburg lagen die zur Versorgung der Burgbewohner nötigen Wirtschaftsgebäude und Ställe, von denen nichts erhalten ist.

Ihre Blütezeit erlebte die Neuerburg zur Zeit der Gräfin Mechthild von Sayn (1200/1203-1285), der Urenkelin des Erbauers. Sie brachte die Burg als Mitgift in die Ehe mit Heinrich III von Sayn. Nach seinem Tod 1247 wählte sie sie als Witwensitz. Die Sage erzählt, dass ihre Verwandte, die Hl. Elisabeth, sie auf der Neuerburg besucht hat.

Ab 1290-1800 befand die Neuerburg sich im Besitz des Kölner Erzbischofs und des Stifts. Sie wurde nacheinander an viele verschiedene Rittergeschlechter zu Lehen gegeben. 1630 wurde die Burg von marodierenden schwedischen Soldaten unter Graf Baudissin in Brand geschossen und von ihren Bewohnern fluchtartig verlassen. 1803 erwarb der Fürst zu Wied die Ruine von Preußen. Als Steinbruch genutzt, verfiel sie immer mehr, bis der Neuwieder Privatmann Theo Jung sie 1947 pachtete, behutsam ausgrub und zum Teil aufbaute. Seine Familie hat sich den Erhalt und die Sicherung auch für die Zukunft zur Aufgabe gemacht.

----------------------